sRGB vs AdobeRGB

Immer wieder kommt die Frage auf, welcher der beiden Farbräume der besser geeignete ist und warum.

Der Unterschied, der offensichtlich ist: AdobeRGB ist größer als sRGB

Was heißt das jetzt wirklich?
In sRGB ist z.B. ein komplett gesättigtes Rot mit dem Wert 255 nicht so gesättigt wie ein Rot in AdobeRGB mit dem Wert 255 (dort hätte das selbe Rot den Wert 219). Aber deshalb ist AdobeRGB nicht automatisch der bessere Farbraum. Es gibt Anwendungsfälle, bei denen sRGB sich zu einem Quasi-Standard entwickelt hat, zum Beispiel bei Bildern im Internet. Die meisten Browser erwarten ein sRGB-Bild, sofern das Profil nicht im Bild eingebettet ist – und die nicht erfolgte Einbettung macht das Bild etwas kleiner (in Zeiten von möglichst kurzen Ladezeiten einer Homepage zählt alles, was man weglassen kann). Warum gibt es dann überhaupt Farbräume, die so groß (oder noch größer) sind?
Es ist zwar richtig, dass viele Monitore oder andere Ausgabegeräte nur sRGB (wenn überhaupt) darstellen können. Das menschliche Auge kann allerdings viel mehr Farben wahrnehmen und unterscheiden. In einigen Experimenten wurde um 1930 und 1970 herum bestimmt, welche Farben das sind und daraus wurde der CIE XYZ und Lab Farbraum. (Anmerkung: Nur ist dieser Farbraum schwer in Rot, Grün und Blau zu beschreiben. Deshalb hat Kodak den ProPhotoRGB-Farbraum entwickelt – der größte Farbraum, der zur Zeit verwendbar ist und mehr wie 90% der CIE Lab Farben und ca. 100% der real vorkommenden Oberflächenfarben abdeckt.)

Was hat jetzt der CIE Lab Farbraum mit sRGB und AdobeRGB zu tun?
Wenn ein Farbraum in einen anderen umgerechnet werden soll, dann erfolgt dies über CIE XYZ oder Lab. Das hat den Vorteil, wenn z.B. eine neue Kamera auf dem Markt erscheint oder ein neues Tintenstrahl-Papier, und dort ein neues Gerätefarbprofil eingeführt wird, müssen nicht 1000te von Umrechnungen erstellt werden, sondern nur die auf/von CIE XYZ oder Lab.

Dadurch, dass die Umrechnung über CIE XYZ oder Lab erfolgt, ergibt ein größerer Farbraum in einem Bild auch eine gesättigtere Darstellung auf Monitoren. sRGB deckt nur einen kleinen Teil von CIE XYZ oder Lab ab, aber es wird der ganze CIE XYZ oder Lab Farbraum für die Umrechnung auf die Monitorfarben verwendet – es sollten ja alle Farben, die der Mensch sehen kann, repräsentiert werden. Die Umrechnungsmethode berücksichtigt auch die Eigenschaften vom Auge, z.B. dass es neutrale Farben (Grau) und bestimmte Farbabstände gut erkennt, allerdings ein bestimmtes Rot oder Blau nur sehr schlecht wiedererkannt wird. Die Darstellung von den unterschiedlich großen Farbräumen ist deshalb auf Ausgabegeräten sehr ähnlich, ein Unterschied wird allerdings im direkten Vergleich (auf dem selben Monitor, auf dem selben Papier gedruckt) deutlich, sofern das Ausgabegerät die feinen Unterschiede darstellen kann. Günstige Laptop-Monitore werden den Unterschied nicht zeigen können, gute Grafikmonitore oder modernere Tintenstrahldrucker zeigen die Unterschiede deutlich.

Wann nimmt man welchen Farbraum?
Wenn ich Fotos direkt, ohne Bearbeitung von der Kamera ins Internet stellen oder wo anders ausgeben will, wo sRGB gefordert ist, ist das der unkomplizierteste, schnellste Weg.
Sobald aber eine Bearbeitung erfolgt, empfiehlt es sich, einen größeren Farbraum zu verwenden, um einerseits die Wiedergabemöglichkeiten des eigenen Monitors zu nutzen und Farbunterschiede leichter wahrnehmbar zu machen (sofern der Monitor die Unterschiede zeigen kann) und um auch für die Ausgabe optimale Daten zu zu erhalten.
Es lassen sich zwar alle Farbräume ineinander umrechnen, allerdings sollte man aufpassen, wenn das selbe Bild öfter nacheinander in andere Farbräume umgerechnet werden soll (z.B. sRGB nach AdobeRGB, speichern, öffnen und wieder retour nach SRGB): es können Rundungsfehler zu Banding und anderen unerwünschten Effekten führen, vor allem wenn das Bild in 8bit Farbtiefe pro Kanal vorliegt.
Auch ist es nicht ideal, von kleinen Farbräumen auf größere zu rechnen, um eben auch Rundungsfehler zu vermeiden, außerdem entsteht Banding – allerdings zuerst in einem noch nicht sichtbaren Umfang. Sobald dann allerdings das Bild bearbeitet wird, könnte es mit Banding kritisch werden, vor allem wenn der Kontrast erhöht werden soll.

 

Wenn man öfter (in diesem Fall 100 mal von sRGB nach ProPhotoRGB, 8bit Farbtiefe) umrechnet, kann sowas passieren:

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Stefan

    Hallo Paul
    Vielen Dank für die Erläuterung! Ich bin immer davon ausgegangen das ein Drucker weniger Informationen als sRGB zur Verfügung hat und habe deshalb die Bildbearbeitung auf sRGB umgestellt. In dem Fall wieder zurück zum Anfang und am Rechner -wegen den grossen Datenmengen -länger warten. Die Dateien werden dann mit Adobe RGB zum Druckdienstleister geschickt, was die meisten sicher nicht machen. Heisst auch das Farbprofil immer in die Datei einbinden?
    Gruss Stefan

    1. Paul

      Hallo Stefan,
      das Farbprofil in die Datei einbinden ist sicher nicht verkehrt weil dann der Farbraum eindeutig definiert ist.
      Die Dateigröße ändert sich nicht mit dem Farbprofil, die ändert sich mit der Bit-Tiefe pro Farbkanal – bei größeren Farbräumen sind 16bpc eigentlich Pflicht, um Banding zu vermeiden.
      Wenn man die Wahl zwischen sRGB und AdobeRGB hat, ist AdobeRGB oft die bessere Wahl (Ausnahme z.B. Bilder im Internet). Am geschicktesten wäre es, in ProPhotoRGB zu bearbeiten (Lightroom verwendet den Farbraum standardmäßig, kann auch nicht umgestellt werden, C1 ist einstellbar) und – wenn vom Druckdienstleister unterstützt bzw. der Farbmanagement wirklich kann – auch in dem Farbraum zum Druck zu schicken. Ohne jetzt zu weit ausschweifen zu wollen: es wird in den seltensten Fällen der Farbraum der Datei direkt ausgegeben (in PS: Datei -> Arbeitsfarbraum -> Monitorfarbraum; im Druck: Datei -> Druckerfarbraum; der -> steht für die Umrechnung über den Profile Connection Space, meistens XYZ) und um so größer der Farbraum in der Datei, um so mehr wird vom Ausgabefarbraum verwendet. Zu dem Thema kommt allerdings noch sehr viel mehr Info 🙂

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